Kung Fu


von Sokrates
12.11.2004

Beim Spielen von "Kung Fu" sieht man sich unweigerlich in die goldenen Siebziger zurück versetzt, in denen Carl Douglas seinen Discoknüller "Kung Fu Fighting" den wieselflinken Stars des eleganten Kampfsports widmete und damit die Massen begeisterte. Doch nicht nur die Musik aus dieser Zeit blieb uns erhalten. In unseren Köpfen ist unauslöschlich der Name einer Legende eingebrannt, der wie kein anderer die Szene geprägt hat: Bruce Lee ist ohne Zweifel der bekannteste und wahrscheinlich auch der beliebteste Kung Fu Held überhaupt und sorgte mit allerlei Filmen - die allerdings bei Kritikern kaum als genial in die Filmgeschichte eingehen werden - für Furore. Die Hintergrundgeschichten und Präsentation der ersten Kampfsportspiele lehnten sich oft mehr oder weniger offensichtlich an die Filme des Superstars an und so bildet auch "Kung Fu" keine Ausnahme.

Der Protagonist heißt aber nicht etwa Bruce Lee, sondern trägt den Namen Thomas und seine Aufgabe besteht darin, seine entführte Freundin Sonya aus den Klauen des teuflischen Mr. X zu befreien. Weshalb die Schöne entführt wurde, wissen wir nicht. Spielt aber auch keine Rolle! Diese Art von Story ist so alt, wie die Fähigkeit des Menschen, Geschichten zu erzählen. Was letzten Endes zählt, ist der Weg, den unser wackerer Kämpfer hinter sich bringen muss, um seine Geliebte wieder in die Arme schließen zu können. Dazu betritt er einen Tempel mit fünf Stockwerken, in dem er sich gegen eine Vielzahl von Gegnern zur Wehr setzen muss. Jede Etage bietet einen höheren Schwierigkeitsgrad als die vorhergehende und es versteht sich von selbst, dass sich Thomas vor der Treppe zum nächsten Stockwerk mit einem Boss messen muss. Ansonsten gibt es da haufenweise gewöhnliche Schlägertypen, Zwerge, verrückte Messerwerfer, giftige Schlangen, feuerspeiende Drachen und so weiter. Der größte Teil der Gegner stellt in der Regel kein schwerwiegendes Problem dar, doch die Jungs werfen sich manchmal zuhauf auf Thomas, so dass ein waches Auge und schnelle Reflexe vonnöten sind, um unbeschadet davon zu kommen. Thommy bedient sich dabei konventioneller Mittel wie Handschlägen und Fußtritten, kann darüber hinaus auch springen und sich ducken, womit sein Aktionsrepertoire allerdings auch schon ausgeschöpft ist. Da gibt es keinen Specialmove oder Fatality, der den Widersacher mit herausgerissenem Rückgrat in einer Blutlache schwimmen lässt. Die Bewegungen sind simpel, zweckmäßig und leicht zu kontrollieren bzw. koordinieren. Thomas gehorcht dem Druck der Tasten willig und schnell, womit man bei der Odyssee glücklicherweise nicht Fortunas Willkür ausgesetzt ist. Der steigende Schwierigkeitsgrad und die Möglichkeit, zu Beginn mit dem "Game B" die Herausforderung etwas zu erhöhen, sorgen für einige Spannung, doch sie verhindern nicht, dass man mit ein wenig Übung das Spiel in 20 Minuten gewonnen hat.

Angesichts dessen, dass der Titel mittlerweile fast 20 Jahre auf dem Buckel trägt, sieht die Grafik eigentlich nicht schlecht aus. Fernöstliches Ambiente bestimmt das Rundherum mit den schönen Holzböden und den interessanten Lampen. Nur der immerzu hellblaue Hintergrund wirkt mit der Zeit etwas eintönig. Es erweckt den Eindruck, dass sich hinter dem Spieler der weite, blaue Himmel erstreckt und nicht etwa ein düsteres Gemäuer, in dem der mysteriöse Mr. X residiert. Thomas, die Endgegner und einige kleinere Gegner sind ordentlich animiert, doch das normal sterblich Fußvolk (die Statisten, die hirnlos in ihr Verderben rennen und deren Daseinsberechtigung allein in der Lieferung von Punkten liegt), stürmen lediglich mit erhobenen Armen auf Thomas zu, ohne je auf ihn einzuschlagen. Man stellt sich unwillkürlich die Frage, was das wohl für ein Kampfstil sein mag...

Der Sound trällert unspektakulär vor sich hin und ist in einer sich ständig wiederholenden Sequenz gefangen. Entweder schaltet man irgendwann den Ton aus oder das Gehör gewöhnt sich derart an die musikalische Untermalung, dass sie kaum noch wahrgenommen wird. Die Soundeffekte beschränken sich auf das Bruce Lee mäßige Geräusch beim Kickschlag und das knarzige Lachen von Mr. X, wenn der liebe Thommy das Zeitliche segnet.

"Kung Fu" gehört zweifellos zu den Klassikern auf dem NES, nicht zuletzt wegen seines beachtlichen Alters. Die Suche nach Sonya beansprucht den Spieler sicher nicht über die Massen, macht aber durchaus Spaß und lädt ab und zu auch mal ein, es mehr als einmal in Angriff zu nehmen, da man es, wie gesagt, ziemlich rasch durchgespielt hat. Es hat also mehr den Charakter eines Spiels für Zwischendurch und macht in dieser Eigenschaft wirklich Laune. Fans des Kung Fu der großen Siebziger kommen an diesem Game ohnehin nicht vorbei.


Wertung


6/10

Kommentare



Sokrates
Ich gehöre nicht zu den bedingungslosen Fans von Bruce Lee und Konsorten, komme aber nicht umhin, zuzugeben, dass die zeitweise etwas stupiden Geschichten eine gewisse Faszination auf mich ausüben. So finde ich es bei "Kung Fu" überaus reizvoll, die fünf Stockwerke zu erklimmen und dort gegen den jeweiligen Meister anzutreten. In der obersten Etage wartet dann der absolut genial kämpfende Großmeister, der den Niederlagen seiner Untergebenen gelassen und selbstbewusst zusieht, während er sich mental auf den Kampf gegen den Eindringling wappnet. Das Spiel versprüht zwar nicht ganz diese Dramatik, dennoch gefiel mir schon immer der Gedanke, der dahinter steckt. Im Gesamten nicht astrein, aber für mich immer noch ein cooler Klassiker.



Phil
Oh je, der arme Thomas musste ganz schön Prügel einstecken, bis er seine Freundin zum ersten Mal auf meinem Fernseher in die Arme schließen durfte. Als Neuling im Martial Arts Geschäft hat man es im NES-Spiel Kung Fu zumindest anfangs nicht leicht. Hat man aber erst einmal alle Gegnertypen und deren Bewegungsabläufe durchschaut, schlägt man sich geschmeidig und mühelos durch die heranstürmenden Scharen wie Bud Spencer und Terence Hill in ihren besten Streifen. Zugegeben, Kung Fu strotzt nicht gerade vor Abwechslung, weder vom Gameplay her, noch was die Grafik und die musikalische Untermalung betrifft. Nichtsdestotrotz sorgt gerade dieses simple Design für kurzweiligen Spaß. Und als früher Vertreter des Beat’em Up Genres ist Kung Fu natürlich auch aus Videospielgeschichtsgründen kein ganz uninteressanter Titel.


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